Tunnelbau in der Schweiz: Geologie, Bauverfahren, Sicherheit und Betrieb

Rolle des Tunnelbaus in der Schweizer Infrastruktur

Im Schweizer Tunnelbau stehen komplexe Infrastrukturprojekte im Vordergrund – von Nationalstrassen- und Eisenbahntunneln über Stadtbahntunnel bis hin zu Versorgungs- und Energietunneln sowie unterirdischen Mobilitätsdrehscheiben. Grundlage für eine sichere, wirtschaftliche und nachhaltige Realisierung sind eine verlässliche geologische Beurteilung, angepasste Bauverfahren und ein Betrieb, der sich konsequent an Schweizer Normen und Richtlinien orientiert.

Fachgremien wie die Fachgruppe für Untertagbau der Swiss Tunnelling Society bündeln Know-how aus Geologie, Ingenieurwesen, Maschinenbau, Lüftungstechnik und Sicherheitstechnik und unterstützen so Planung, Ausschreibung und Ausführung.

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Geologie und Geotechnik

Die geologische und geotechnische Charakterisierung des Untergrunds legt die Basis jedes Tunnelprojekts. Baugrunderkundungen mit Bohrungen, Laborversuchen und geophysikalischen Methoden werden in geologische 3D-Modelle überführt. Diese bilden Gebirgs- und Bodenmechanik, Störzonen, Grundwasserleiter sowie quell- oder druckempfindliche Schichten ab.

Schweizer Normen wie SIA 197/197-1/197-2 zur Projektierung von Tunneln und SIA 199 zur Erfassung des Gebirges im Untertagbau definieren Vorgehen und Qualitätsanforderungen bei Datenerhebung, Auswertung und Dokumentation.

  • Gebirgsfestigkeit und Verformungsverhalten
  • Diskontinuitäten (Schichtgrenzen, Klüfte, Störzonen)
  • Grundwasserverhältnisse, Zuflüsse und Wasserdruck
  • Quell- und Kriechverhalten bestimmter Gesteine
  • Spannungszustand im Gebirge und Randbedingungen für die Statik

Auf Basis dieser Informationen werden Risiken wie Wassereinbrüche, Setzungen an der Oberfläche oder Gebirgsschläge modelliert und mit geeigneten Sicherungs- und Bauphasen-Konzepten hinterlegt.

Bauverfahren und Maschinentechnik

Die Wahl des Bauverfahrens orientiert sich an Gebirge, Überlagerung, Nutzungszweck und logistischen Rahmenbedingungen. Im Schweizer Tunnelbau kommen sowohl konventionelle als auch mechanisierte Verfahren zum Einsatz.

  • Konventioneller Vortrieb / Sprengvortrieb (z. B. NATM): Einsatz im Gebirge mit ausreichender Festigkeit und Überlagerung. Spreng- oder Baggervortrieb werden mit systematischer Ausbruchsicherung (Anker, Spritzbeton, Gitterträger, Stahlbögen) kombiniert, die je nach Gebirgsklasse angepasst wird.
  • Mechanisierter Vortrieb mit TBM: EPB-TBM in bindigen Böden mit begrenzten Wasserdrücken, Mixshield-TBM in heterogenen Böden mit hohen Wasserdrücken sowie Hartgesteins-TBM in kompaktem Fels. Der maschinelle Vortrieb wird in der Regel mit Tübbingausbau und Ringspaltinjektionen gekoppelt.

Die Ausbauformen reichen von Spritzbeton mit Stahlbögen über Ortbeton-Innenausbau bis zu vorgefertigten Tübbingringen. Kriterien sind Dichtheit, Dauerhaftigkeit, Brandwiderstand und effiziente Instandhaltung im Betrieb.

Statik und Auslegung

Die Tragwerksbemessung des Innenausbaus verknüpft geomechanische Modelle mit den Anforderungen der Nutzung. Berücksichtigt werden Gebirgsdruck, Wasser- und Erddruck, Temperatur- und Schwindverformungen sowie Verkehrslasten und Einwirkungen aus Inneneinbauten.

Numerische Modelle unterstützen Verformungs- und Stabilitätsanalysen, etwa bei Stadtbahntunneln mit geringen Überdeckungen oder bei Druckstollen im Kraftwerksbau. Die Ergebnisse fliessen in die Bemessung von Sicherung, Auskleidung und eventuellen Versteifungselementen ein.

  • Planung von Zufahrten, Installationsplätzen und Medienversorgung
  • Transportkonzepte für Ausbruchmaterial (Förderbänder, Bahnverlad, LKW)
  • Klassierung, Zwischenlagerung und Wiederverwendung des Materials
  • Takt- und Schichtplanung zur Minimierung von Schnittstellenkonflikten
  • Sicherheitskonzepte für Personal, Verkehr und Anwohner während der Bauphase

Im Sinne der Kreislaufwirtschaft werden Recyclingpotenziale, insbesondere für Beton, Belag und Stahl, verstärkt genutzt und in die Projektierung eingebunden.

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Anwendungsfelder und Marktsegmente

  • Verkehrsinfrastruktur: Eisenbahn-, Strassen-, U-Bahn-, Stadtbahn- und Velotunnel
  • Versorgungs- und Entsorgungsinfrastruktur: Wasser-, Abwasser-, Energie- sowie Kabel- und Leitungstunnel
  • Industrie- und Kraftwerksbau: Zugangstunnel, Druck- und Triebwasserstollen
  • Spezial- und Schutzbauwerke: Sicherheitstunnel, Fluchtstollen, Schutzanlagen, Forschungstunnel
  • Urban Underground und Grossprojekte: unterirdische Mobilitätsdrehscheiben, Logistik- und Lagerflächen, unterirdische Parkhäuser sowie komplexe Tiefbauknoten

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