FEM Analysen – numerische Strukturberechnung für anspruchsvolle Anwendungen

FEM Analysen (Finite-Elemente-Analysen) sind ein zentrales Werkzeug in der Produktentwicklung und im digitalen Prototyping. Bauteile und Baugruppen werden in viele kleine Elemente unterteilt; das physikalische Verhalten – zum Beispiel Spannungen, Dehnungen, Verformungen oder Temperaturen – lässt sich so präzise berechnen. Das reduziert Prototypenschleifen, verkürzt Entwicklungszeiten und erhöht die Betriebssicherheit von Produkten – insbesondere in sicherheitskritischen Branchen.

Grundlagen und Modellaufbau

Am Anfang jeder FEM Analyse steht ein sauber definierter Modellaufbau. Die Ausgangsgeometrie wird aus dem CAD übernommen und für die Berechnung aufbereitet: Details ohne relevanten Einfluss werden entfernt, Symmetrien werden ausgenutzt und Kontaktbereiche eindeutig definiert.

  • Geometrieaufbereitung mit sinnvoller Vereinfachung
  • Nutzung von Symmetrien und Schnittmodellen
  • Definition von Kontaktflächen und nichtlinearen Bereichen
  • Prüfen von Einheitensystem, Koordinatensystemen und Referenzen

Ein wichtiger Schritt ist die Auswahl geeigneter Elementtypen. Volumenelemente eignen sich für massiv belastete Strukturen, Schalenelemente für dünnwandige Bauteile wie Bleche oder Gehäuse, Balkenelemente für schlanke Strukturen wie Rahmen oder Träger. Die Netzgenerierung bestimmt die Qualität der FEM Analyse: Lokale Verfeinerungen in Kerben, Bohrungen oder Übergängen sind notwendig, um Spannungsspitzen realistisch abzubilden.

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Materialmodelle

Die Wahl des Materialmodells muss zum physikalischen Problem passen. Für viele Bauteile reicht ein linear-elastisches Modell im elastischen Spannungsbereich. Bei Bauteilen mit plastischer Umformung oder hoher Ausnutzung sind elastisch-plastische Modelle notwendig. Für Kunststoffe, Polymere oder Dämpfungselemente kommen häufig viskoelastische Modelle zum Einsatz.

In thermisch belasteten Anwendungen werden temperaturabhängige Materialkennwerte verwendet. Elastizitätsmodul, Wärmeausdehnung, Festigkeit und Kriechverhalten werden als Funktion der Temperatur hinterlegt. Für viele industrielle Anwendungen sind zudem nichtlineare Modelle relevant, zum Beispiel Kontakt mit Reibung, grosse Verformungen oder nichtlineares Materialverhalten bei Metallen, Kunststoffen und Verbundwerkstoffen.

Randbedingungen und Lastfälle

Realistische Randbedingungen und Lastfälle entscheiden darüber, ob eine FEM Analyse praxistaugliche Aussagen liefert. Typische mechanische Lasten sind Kräfte, Momente, Druck, Eigengewicht, Zentrifugallasten oder Beschleunigungen. Im Fahrzeug- und Transportbereich kommen zusätzlich Lastkollektive aus Versuchen oder Normlasten hinzu.

Thermische Lasten werden als Temperaturfelder, Wärmeeinträge oder Wärmeströme abgebildet. In vielen Anwendungen ist die Kopplung von Thermik und Mechanik entscheidend. Zeitabhängige oder dynamische Lasten werden mit transienten Analysen, Modal- und Frequenzanalysen oder spektralen Ansätzen beschrieben.

  • Mechanische Lasten (Kräfte, Momente, Druck, Eigengewicht, Beschleunigungen)
  • Thermische Lasten (Temperaturfelder, Wärmeströme, Kopplung mit Mechanik)
  • Dynamische Lasten (Transient, Schwingungen, Betriebsfestigkeit)
  • Realistische Lagerungen und Kontaktdefinitionen

Berechnungsmethodik

Je nach Fragestellung werden unterschiedliche Berechungsarten eingesetzt. Lineare statische Analysen liefern erste Abschätzungen von Spannungen und Verformungen. Nichtlineare Analysen berücksichtigen grosse Verformungen, nichtlineares Materialverhalten oder komplexe Kontaktbedingungen. Modalanalysen und Frequenzanalysen werden genutzt, um das Schwingungsverhalten und mögliche Resonanzen zu bewerten.

  • Lineare statische Analysen
  • Nichtlineare Analysen (Geometrie, Material, Kontakt)
  • Modalanalysen und Frequenzanalysen
  • Transiente Simulationen
  • Betriebsfestigkeits- und Lebensdaueranalysen

Für sicherheitsrelevante Bauteile dienen FEM Analysen als Grundlage für Nachweise nach FKM-Richtlinie oder einschlägigen EN-Normen. Insbesondere Kerbspannungen und Kerbspannungsfaktoren können gezielt ausgewertet werden.

Bewertung und Interpretation

Die numerischen Ergebnisse werden strukturiert bewertet und interpretiert. Typischerweise werden Spannungen, Dehnungen, Verformungen und Eigenfrequenzen betrachtet. Hotspots und kritische Bereiche werden identifiziert, Sicherheitsfaktoren bestimmt und die Ausnutzung einzelner Bereiche beurteilt.

  • Identifikation von Hotspots und kritischen Querschnitten
  • Bestimmung von Sicherheitsfaktoren und Ausnutzungsgraden
  • Vergleich verschiedener Lastfälle und Varianten
  • Plausibilitätschecks durch Vergleich mit Handrechnungen
  • Netzverfeinerungsstudien zur Bewertung der Netzkonsistenz

Validierung und Plausibilisierung

Eine qualifizierte FEM Analyse umfasst eine Validierung gegenüber Messdaten, Erfahrungswerten oder analytischen Modellen. Versuche und Simulationen werden miteinander verglichen, um Modelle schrittweise zu verbessern und die Aussagekraft der Ergebnisse zu erhöhen.

  • Abgleich von Verformungen, Eigenfrequenzen oder Temperaturfeldern
  • Parameterstudien und Worst-Case-Betrachtungen
  • Bewertung von Toleranzen und Streuungen
  • Robustheitsanalysen für kritische Komponenten

Dokumentation und Ergebnisaufbereitung

Die Ergebnisse einer FEM Analyse werden in einer strukturierten Dokumentation zusammengefasst. Dazu gehören die Beschreibung von Zielsetzung, Randbedingungen und Modellannahmen, die verwendeten Materialmodelle und Lastfälle sowie die gewählten Bewertungsmethoden. Grafische Darstellungen von Spannungen, Verformungen, Sicherheitsfaktoren und Eigenformen unterstützen die Interpretation.

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Eine transparente und nachvollziehbare Dokumentation ist Grundlage für Behördennachweise, Audits, Zertifizierungen und interne Freigaben.

Branchen und Anwendungsfelder

FEM Analysen kommen in vielen Branchen zum Einsatz: Im Maschinen- und Anlagenbau für Gestelle, Antriebe und Fertigungsanlagen, in der Fahrzeug- und Transporttechnik für Betriebsfestigkeit, Schwingungen und Leichtbau, in der Luft- und Raumfahrt für hochbelastete Leichtbaustrukturen sowie in der Energie- und Kraftwerkstechnik für Turbinen, Druckbehälter und Wärmetauscher.

Weitere Anwendungsfelder sind die Medizintechnik mit Implantaten und Instrumenten, die Elektronik- und Halbleiterindustrie mit thermischem Management und Gehäusemechanik, die Kunststoff- und Verbundwerkstofftechnik sowie die Konsumgüter- und Haushaltsgeräteindustrie. FEM Analysen helfen, Entwicklungsrisiken zu senken, robuste Designs zu entwickeln und die Produktqualität abzusichern.