Drahterodieren für hochpräzise Bauteile in anspruchsvollen Branchen

Was ist Drahterodieren?

Drahterodieren (Drahterosion) ist ein funkenerosives Trennverfahren für elektrisch leitfähige Materialien. Mit einem dünnen, kontinuierlich geführten Draht werden selbst komplexe Konturen berührungslos aus dem Werkstück herausgeschnitten. Die thermische Belastung bleibt lokal begrenzt, der Schnitt ist verzugsarm und es entstehen Oberflächen mit sehr hoher Maßgenauigkeit.

Moderne Anlagen erreichen Oberflächenqualitäten bis etwa Ra 0.1 und Form- und Lagetoleranzen im Bereich von wenigen Tausendstel Millimetern. Damit ergänzt Drahterodieren spanende Verfahren überall dort, wo Fräsen, Drehen oder Schleifen an geometrische oder wirtschaftliche Grenzen stossen.

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Präzision und Toleranzen beim Drahterodieren

Für Schweizer Anwender in Werkzeug- und Formenbau, Maschinenbau, Medizintechnik, Luft- und Raumfahrt sowie Uhren- und Feinmechanikindustrie steht beim Drahterodieren die Wiederholgenauigkeit im Vordergrund. Durch CNC-geregelte Vorschübe, präzise Drahtführungen und stabile Temperaturführung lassen sich typische Schnitttoleranzen im Bereich von ±0,01 mm realisieren; je nach Strategie und Schnittanzahl sind noch engere Toleranzen im Bereich von wenigen Tausendstel Millimeter möglich.

Die erzielbare Präzision hängt von mehreren Faktoren ab:

  • Werkstoff (z. B. Hartmetall, hochlegierte Stähle, Titan, schwer zerspanbare Superlegierungen)
  • Drahtdurchmesser und Drahtmaterial
  • Anzahl und Art der Schlichtschnitte
  • Spann- und Messtechnik (Nullpunktspannsysteme, taktile oder optische Messung)
  • Prozessparameter wie Pulsenergie, Spülung und Temperaturführung

Gerade bei gehärteten Bauteilen und schwer zerspanbaren Werkstoffen zeigt Drahterodieren seine Stärken, da kein mechanischer Schnittdruck entsteht und die Härte des Materials die Maßhaltigkeit nur gering beeinflusst.

Branchenbeispiele: Werkzeug- und Formenbau

Im Werkzeug- und Formenbau in der Schweiz wird Drahterodieren für Spritzgussformen, Druckgussformen sowie Stanz- und Biegewerkzeuge eingesetzt. Für Stanz- und Folgeverbundwerkzeuge ermöglicht der Draht präzise Schneidplatten, Durchbrüche und Führungsleisten mit exakten Schneidspalten.

Bei Spritzguss- und Druckgussformen werden insbesondere folgende Bereiche erosiv bearbeitet:

  • Konturen von Einsätzen, Schiebern und Kernen
  • Kühlkanalverläufe, Entlüftungen und Auswerfersitze
  • scharfkantige Ecken, filigrane Formelemente und Funktionsstege

Das Verfahren reduziert manuelle Nacharbeit und verbessert die Reproduzierbarkeit von Werkzeugen über den gesamten Lebenszyklus.

Branchenbeispiele: Maschinen- und Anlagenbau

Im Maschinen- und Anlagenbau liegt der Fokus auf präzisen Funktionsflächen, Passungen und Führungen, häufig in Kleinserien oder als Einzelstücke. Drahterodieren wird eingesetzt für:

  • Passplatten, Führungsschienen und Referenzleisten
  • Konturen in Flanschen, Haltern und Sensorträgern
  • Funktionsausschnitte in hochfesten oder vergüteten Stählen

Gerade bei komplexen Konturen mit engen Innenradien oder schwer zugänglichen Bereichen kann Drahterodieren konstruktive Freiheitsgrade erweitern. Prototypen und Nullserien lassen sich prozesssicher fertigen, ohne dass spezielle Werkzeuge hergestellt werden müssen.

Branchenbeispiele: Medizintechnik

In der Medizintechnik gelten besonders strenge Anforderungen an Präzision, Oberflächenqualität, Rückverfolgbarkeit und Dokumentation. Schweizer Fertigungsbetriebe setzen Drahterodieren unter anderem für Implantatteile, chirurgische Instrumente und feinste Mikrostrukturen ein.

Typische Anwendungen sind:

  • Konturen in Titan-Implantaten (Platten, Sporne, Verriegelungselemente)
  • präzise Schlitzgeometrien und Ausnehmungen in Instrumenten
  • Mikrostrukturen und Funktionsflächen für Komponenten von minimalinvasiven Systemen

Wesentliche Aspekte sind validierte Prozesse, stabile Maschinenparameter, Messprotokolle und dokumentierte Prozessketten, damit das Verfahren nahtlos in bestehende Qualitätsmanagementsysteme integriert werden kann.

Branchenbeispiele: Luft- und Raumfahrt

In der Luft- und Raumfahrt werden hochfeste, korrosionsbeständige oder temperaturbelastete Werkstoffe eingesetzt, die mit konventionellen Zerspanungsverfahren nur schwer zu bearbeiten sind. Drahterodieren bietet hier den Vorteil, dass selbst komplexe Konturen in Superlegierungen, Titan oder gehärteten Stählen mit hoher Reproduzierbarkeit hergestellt werden können.

Typische Bauteile sind:

  • Struktur- und Verbindungselemente mit definierten Kerbgeometrien
  • präzise Passflächen in Montage- und Prüfvorrichtungen
  • Komponenten mit funktionskritischen Aussparungen und Profilen

Die Möglichkeit, auch nach der Wärmebehandlung zu fertigen, reduziert Verzug und vereinfacht die Qualitätssicherung über die gesamte Prozesskette.

Branchenbeispiele: Uhren- und Feinmechanikindustrie

Die Schweizer Uhren- und Feinmechanikindustrie stellt höchste Anforderungen an Mikrokonturen, kleinste Toleranzen und optisch ansprechende Oberflächen. Drahterodieren wird hier für feinste Schlitze, filigrane Formelemente und sehr schmale Stege eingesetzt, häufig in Kombination mit Schleifen und Polieren.

Typische Anwendungen sind:

  • Komponenten für Hemmungen, Federhäuser oder komplexe Module
  • feinmechanische Bauteile mit Funktionsöffnungen und Mikroschlitzen
  • Trägerteile und Halterungen aus gehärtetem Stahl oder Speziallegierungen

Die berührungslose Bearbeitung minimiert mechanische Spannungen, was insbesondere bei sehr dünnwandigen oder kleinteiligen Bauteilen entscheidend ist.

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Fazit: Wann sich Drahterodieren lohnt

Drahterodieren ist für Schweizer Unternehmen interessant, wenn hohe Präzision, enge Toleranzen und reproduzierbare Prozesse gefordert sind. Das Verfahren spielt seine Stärken aus, wenn komplexe Konturen, schwer zerspanbare Werkstoffe oder gehärtete Bauteile wirtschaftlich gefertigt werden sollen.

  • geometrisch anspruchsvolle Konturen mit engen Radien
  • enge Toleranzen an gehärteten oder schwer zerspanbaren Werkstoffen
  • Kleinserien, Prototypen oder Einzelteile mit hohem Qualitätsanspruch
  • branchen- und normenspezifische Dokumentations- und Qualitätsanforderungen