Automatisierung in der Produktion für die Schweizer Industrie
Automatisierung in der Produktion ist für Schweizer Unternehmen ein zentraler Hebel, um Produktivität, Qualität und Liefertreue zu sichern – bei gleichzeitig hohem Lohnniveau und steigender Variantenvielfalt. Ob Maschinen- und Anlagenbau, Automotive und Zulieferindustrie, Elektronik und Halbleiter, Lebensmittel- und Getränkeindustrie, Pharma- und Medizintechnik, Kunststoff- oder Metallverarbeitung, Logistik und Verpackungsindustrie: Entscheidend ist eine ganzheitliche Betrachtung von Prozessen, Technologie und Wirtschaftlichkeit.
Analyse der Produktionsprozesse
Am Anfang jeder Automatisierung in der Produktion steht eine strukturierte Analyse der bestehenden Produktionsprozesse. Ziel ist es, manuelle, fehleranfällige und zeitintensive Arbeitsschritte systematisch zu identifizieren und in einen gesamtheitlichen Material- und Informationsfluss einzuordnen.
- Wo entstehen Wartezeiten, Nacharbeit oder Ausschuss?
- Welche Tätigkeiten sind stark personenabhängig?
- Welche Arbeitsschritte lassen sich standardisieren oder parallelisieren?
- Wie wirken sich Rüstzeiten und kleine Losgrössen auf den Durchsatz aus?
Auf Basis von Durchsatz- und Taktzeitbetrachtungen werden Engpässe sichtbar. In Kombination mit Layout-Analysen, Wertstromdarstellungen und OEE-Kennzahlen entsteht ein transparentes Bild der Automatisierungspotenziale – von einfachen Handlingaufgaben bis hin zu vollintegrierten Linien.
Sensorik und Datenerfassung
Leistungsfähige Automatisierung in der Produktion setzt präzise Sensorik und eine konsistente Datenerfassung voraus. In der Praxis kommen je nach Prozess Näherungssensoren, Kraft- und Drehmomentsensoren, Bildverarbeitungssysteme sowie 3D-Sensoren zum Einsatz.
- Inline-Qualitätskontrolle von Mass, Form, Oberflächen oder Vollständigkeit
- Positions- und Anwesenheitsabfragen an Montage- und Prüfstationen
- Prozessüberwachung von Kräften, Drehmomenten, Temperaturen, Drücken oder Füllständen
- Rückverfolgbarkeit durch Seriennummern, Barcodes, Data-Matrix und RFID
Durch die Vernetzung der Messpunkte – beispielsweise über Feldbus, Industrial Ethernet oder OPC UA – lassen sich Messdaten in SPS, IPC, Edge-Devices, MES und ERP integrieren. Auf dieser Basis werden Condition Monitoring und datenbasierte Optimierung der Produktion möglich.
Steuerungs- und Regeltechnik
Das Herzstück jeder automatisierten Anlage ist die Steuerungs- und Regeltechnik. In der industriellen Praxis kommen speicherprogrammierbare Steuerungen (SPS), Sicherheits-SPS, IPC-basierte Steuerungen und moderne Automatisierungsplattformen zum Einsatz.
- Ablaufsteuerung von Montage-, Prüf- und Handlingprozessen
- Regelkreise für Bewegungen, Temperatur, Druck und Position
- Integration von Achsreglern, Antrieben, Robotern und Sicherheitsfunktionen
- Kommunikation zu übergeordneten Systemen (MES, ERP, Cloud-Lösungen)
Moderne Steuerungsarchitekturen in der Schweizer Industrie setzen auf modulare, skalierbare Konzepte, damit Anpassungen an neue Produkte, Varianten oder zusätzliche Stationen mit vertretbarem Aufwand möglich bleiben.
Robotik und Handhabungstechnik
Industrieroboter, Cobots, Portalsysteme und spezielle Handlingsysteme übernehmen heute eine Vielzahl von Aufgaben in der Produktion – von der schweren Blechhandhabung in der Metallverarbeitung über das präzise Bestücken in der Elektronikfertigung bis hin zum hygienegerechten Handling in der Lebensmittel- oder Pharmaproduktion.
- Schweißen, Schneiden, Kleben und Dosieren
- Palettieren und Depalettieren von Kartons, Trays und Säcken
- Montage von Baugruppen im Automotive-, Konsumgüter- oder Haushaltsgerätebereich
- Beladen und Entladen von Werkzeugmaschinen in der Metallbearbeitung
Die Wahl der Greifertechnologie – mechanisch, pneumatisch, vakuumbasiert oder adaptiv – ist entscheidend für Prozesssicherheit und Taktzeit. Bahnplanung, Kollisionsbetrachtung und Sicherheitskonzept müssen auf den konkreten Prozess abgestimmt werden.
Förder- und Materialflusstechnik
Automatisierung in der Produktion umfasst immer auch den Materialfluss zwischen Maschinen, Linien und Lagerbereichen. Neben klassischen Förderern kommen zunehmend automatisierte Transportsysteme wie AMRs (Autonome Mobile Roboter) und AGVs (Fahrerlose Transportsysteme) zum Einsatz.
- Rollen- und Kettenförderer, Band- und Taktförderer
- Pufferstrecken und Zwischenspeicher für entkoppelte Prozesse
- Sortiertechnik, Querverschiebewagen, Weichen und Hubsysteme
- AMR-/AGV-Lösungen für Linienanbindung, Kommissionierung oder End-of-Line-Transporte
Die Integration in bestehende Produktionslinien erfordert eine abgestimmte Steuerungs- und Sicherheitsarchitektur. Insbesondere in Schweizer Bestandsfabriken ist eine schrittweise, skalierbare Umsetzung entscheidend, um laufende Produktion und Investitionsbudget im Gleichgewicht zu halten.
Digitalisierung und Vernetzung (Industrie 4.0)
Automatisierung in der Produktion entfaltet ihr volles Potenzial erst durch konsequente Digitalisierung und Vernetzung. Industrie-4.0-Konzepte wie die Smart Factory werden in der Schweiz zunehmend über Plattformen, Testumgebungen und Pilotanlagen erprobt.
- Standardisierte Datenschnittstellen wie OPC UA, MQTT oder REST-APIs
- Produktionsleitsysteme (MES) zur Auftragssteuerung, Rückmeldung und OEE-Auswertung
- ERP-Anbindung zur Synchronisation von Aufträgen, Stammdaten und Beständen
- Edge-Devices zur Vorverarbeitung von Maschinendaten nahe an der Anlage
Auf dieser Basis werden Condition Monitoring und Predictive Maintenance realisierbar. Kritische Komponenten – etwa Antriebe, Lager, Pumpen oder Förderer – werden kontinuierlich überwacht. Anomalien werden frühzeitig erkannt, geplante Instandhaltung wird erleichtert, Stillstände und Folgekosten werden reduziert.
Qualitäts- und Prozesssicherheit
Mit steigendem Automatisierungsgrad nehmen die Anforderungen an Qualitäts- und Prozesssicherheit zu. Relevante Normen und Richtlinien – etwa Maschinenrichtlinie, funktionale Sicherheit (SIL/PL) und branchenspezifische Vorgaben in Pharma, Medizintechnik oder Lebensmittel – müssen von Beginn an in die Anlagenkonzeption integriert werden.
- Echtzeitüberwachung von Prozesszuständen und Grenzwerten
- Fehlermeldelogiken mit klaren Reaktionsstrategien und Diagnosemöglichkeiten
- Lückenlose Traceability von Chargen, Seriennummern und Prozessparametern
- Automatische Dokumentation von Prüf- und Prozessdaten zur Nachweisführung
So lassen sich regulatorische Anforderungen, Kundenanforderungen und interne Qualitätsziele langfristig vereinbaren – bei gleichzeitig hoher Anlageneffizienz.
Wirtschaftlichkeit und Projektmanagement
Automatisierung in der Produktion muss sich für Unternehmen rechnen. Deshalb gehören Wirtschaftlichkeitsbetrachtung und strukturiertes Projektmanagement zwingend dazu.
- ROI-Berechnungen und Investitionsbewertung über realistische Nutzungszeiträume
- Bewertung von Einsparpotenzialen bei Personalkosten, Ausschuss und Stillständen sowie von Flexibilitätsgewinnen
- Skalierbarkeit der Lösung für zusätzliche Schichten, Produktvarianten oder Kapazitätsausbau
- Projektplanung von Konzeptphase über Detailengineering und Inbetriebnahme bis zu Schulung und Service
Gerade in der Schweizer Industrie bewährt sich ein schrittweises Vorgehen mit Pilotapplikationen, klaren Meilensteinen und enger Zusammenarbeit zwischen Produktion, Engineering, Qualität und IT. So entsteht Automatisierung in der Produktion, die technisch robust, wirtschaftlich sinnvoll und langfristig erweiterbar ist.